Weiches Licht, ein Strand mit feinkörnigem Sand und eine kaputte Steintreppe, die zum Strand führt. Ein paar Jugendliche sitzen im Sand, Surfbretter liegen oder stehen neben ihnen an ihre Autos gelehnt. Es ist früh am Morgen und einige haben die Nacht hier verbracht, andere waren bereits im Ozean surfen. Eine Stimme aus dem Off hebt an zu erzählen:
“In the old days, I remember a wind that would blow down through the canyons. It was a hot wind called the Santa Ana, and it carried with it the smell of warm places. It blew the strongest before dawn, across the Point. My friends and I would sleep in our cars, and the smell of the offshore wind would often wake us. And each morning, we knew this would be a special day,”
Ein warmer Sommerwind weht über eine vergangene Ära, eine Jugend, die den Krieg nicht miterlebt hat und die sich dem nächsten verweigern wird. Es ist eine unamerikanische Jugend, eine hedonistische, trinkende und sonnengebräunte Jugend, die politische Geschehnisse nebenbei aus dem Fernsehen erfährt. Die schmutzige Bezeichnung „radical“ für Dinge, die cool, fresh, geil oder yolo sind, irritiert anfänglich, kontrastiert aber gut das Weiche und Sanfte der Szenerie und symbolisiert den Willen, zumindest die abendliche Party „radical“ zu feiern.
Big Wednesday fällt ein wenig aus allen Kategorien und bleibt dabei am ehesten noch ein Surf Movie. Für einen klassischen Beach-Party-Film ist er nicht allzu hirnbefreit und für einen Anti-Kriegs-Film ist er zu leichtfüßig und auch leichtfertig. Den Bezug zu aktuellen Zeitereignissen nur antäuschend, erzählt der Film über fünfzehn Jahre, punktuell Momente der Veränderung hervorhebend, die Coming-of-age Geschichte dreier Männer (Matt, Jack, Leroy) und ihrer Freunde.
Die Handlung wird in fünf Akten erzählt, welche mit den großen Wellen zusammenfallen, auf die alle Surfer warten: the South Swell (summer 1962), the West Swell (’65), the North Swell (summer ’68), the Great Swell (spring ’74) und Big Wednesday (1977). Die großen Wellen in ihrer jeweiligen Jahreszeit spiegeln die Stimmung der einzelnen Akte wieder. Wobei dieser dramaturgische Aufbau an Jeune & Jolie erinnert, François Ozons Coming-of-age Geschichte einer wohl behüteten Französin.
„It’s really different here,“ sagt eine Kellnerin aus Chicago, die ein Teil dieser Beach-Clique werden wird. „Back home, being young was just something you’d do until you grew up. Here . . . it’s everything!“ Dieses viel bemühte Zitat, welches gerne den Babyboomern und der dazugehörigen Nostalgie angeheftet wird, könnte auch aus Leif Randts „Schimmernder Dunst über CobyCounty“ stammen. Die Übernahme des Jugendkults durch Hipster und ihre Seelenverwandten ist mit Sicherheit frei von jeglicher Rührseligkeit oder Sentimentalität. Es ist eine stehende Behauptung und eine radikale Abwehr vom protestantischen Arbeitskult einer durchorganisierten und tristen Erwachsenenwelt. Surfen bedeutet für die Beach-Clique, abseits des Mainstream zu leben und kein Inländer mit einem geregeltem Einkommen zu sein.
The South Swell, die erste Episode, ist ein Abriss der kurzen Zeit zwischen zu jung für Alkohol und zu alt, um Trunkenheit am Tage als niedlich zu empfinden. Getrunken wird trotzdem den ganzen Film hindurch, denn Trinken ist ebenso ein Sport wie Surfen. Es wird getrunken auf die Freundschaft, auf Hochzeiten und auf einem Friedhof. Neben dem immer wiederkehrenden Wellenrauschen ist Trunkenheit eine Konstante, die ins Erwachsenenleben führt und da auch bleibt. Die, bis zum Argwohn durch den Zuschauer, übertolerante Mutter von Jack kommt einer Abwesenheit von einer erwachsenen Welt gleich, was den Film wiederum in die Nähe der Beach-Party-Filme rückt.
Der Film ist ein klassischer Buddy-Film, was einen Gegensatz zur Surfer-Mentalität darstellt, wo man allein ist und auf sich gestellt im Bezwingen des Ozeans. Aus feministischer Perspektive ist der Film keine große Leuchte und auch keine große Hilfe. Die jungen Frauen gehen zwar zusammen mit den Männern surfen, beklatschen oder beteiligen sich an Schlägereien und trinken sich selbst unter den Tisch, liegen aber ansonsten mit strohblonden Haaren gefällig am Strand und betrachten die nackten Oberkörper der normschönen Männer. Ihre eigenen Konflikte beschränken sich zum Großteil auf Frisuren, den richtigen BH und Liebeleien. Eine Ausnahme bildet Peggy, die auf einem Mexico-Trip bekannt gibt, schwanger zu sein. Sally, die Kellnerin, fragt sie leicht entsetzt, ob sie das Kind behalten wird und Peggy antwortet entspannt, dass sie das sicherlich tun wird. Big Wednesday feiert seine Helden in heroischen Posen zu pathetischer Musik, um sie danach zu Folksongklängen in Konflikte mit dem Alkohol, der Armee und dem Tod zu schubsen. Matt, Jack und Leroy sind keine American Heros – es sind gebrochene Figuren, die von irgendetwas ausruhen müssen.
Vermutlich hat der Film in seiner Zeit nicht funktioniert, weil er zu dicht an der Vergangenheit entlang schrammte und die im Film belächelte aufkommende Hippie-Kultur bereits durch den Punk schon längst wieder abgelöst worden war. Bear, der philosophierende Surfbrett-Bauer, nimmt zwischen den hochgewachsenen Adonissen eine Außenseiterolle ein. Sein Filmschicksal kann man getrost tragisch nennen. Die Beach-Clique hingegen hat ihren Weg vermutlich gefunden und sich mit diesem Film selbst ein Denkmal gesetzt.
Was bleibt sind die Wellen des Pazifischen Ozeans, die sich auftürmen, dem Surfer entgegenschlagen und ein klarer blauer Himmel an dem die Sonne brennt.